Bedienersicherheit, CE-Kennzeichnung, Gefährdungsbeurteilung Werkstoffprüfmaschinen

Antworten für Sicherheits-Beauftrage / -Fachkräfte

Die Bedienersicherheit / Betriebssicherheit von Prüfmaschinen und prüftechnischen Einrichtungen ist eine unabdingbare Voraussetzung für deren Verkauf und Lieferung. Nach europäischem Recht ist der Hersteller bzw. Inverkehrbringer verpflichtet, eine CE-Konformitätserklärung zur Verfügung zu stellen. Um eine CE-Konformitätserklärung ausstellen zu können, schreibt die EU-Gesetzgebung zwingend die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung / Gefahrenanalyse vor. Diese kann / muss dem Kunden / Sicherheitsbeauftragten / Sicherheitsfachkraft vom Hersteller zur Verfügung gestellt werden. In dieser muss der Hersteller (der das größte Wissen über diese Maschinen und deren Funktionsweise besitzt) einen Gefahrenanalyseprozess durchlaufen und dokumentieren, in dem alle denkbaren Handhabungen und Verwendungen analysiert werden, um Gefahrenquellen zu erkennen, diese zu beseitigen oder geeignete Schutzeinrichtungen zu schaffen. Weltweit gibt es unzählige unterschiedliche Produkte und Maschinen. Daher gibt es keine Positiv-/Negativliste, die genau festlegt, welche sicherheitstechnischen Ausrüstungen und Einrichtungen für Maschinen und Anlagen vorgeschrieben bzw. anzuwenden sind. Für einige Bereiche gibt es sehr detaillierte Anforderungen und Normen (Elektrik, Fahrzeugtechnik KBA, Absturzsicherungen usw.). Für eine Vielzahl von Produkten und deren Ausrüstungen sind diese Vorschriften jedoch nicht anwendbar. Daher sind die Sicherheitsanforderungen zwar sehr streng, aber auch sehr allgemein gehalten. Zu Ihrer Unterstützung finden Sie hier einen Link zu einer Website der

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BAuA) - Link zur Webseite 

Absatz 3 bezieht sich auf Maschinenbewegungen (alle Maschinen, z. B. Universal-, Zug-, Druck-, Biegeprüfmaschinen, Pendelschlagwerke, Härteprüfmaschinen, Pressen (Stanzen), Schleifmaschinen):
Auszug - "Begrenzung der Kräfte und Geschwindigkeiten": Grenzwerte für Kräfte oder Geschwindigkeiten bewegter Maschinenteile gibt es nur für wenige Fälle, da wegen der Vielzahl der Einflussgrößen und Bedingungen eine Verallgemeinerung schwierig ist.

  • So wird an kraftbetätigten (Motor, Hydraulik, Pneumatik) Türen und Toren eine maximale Schließkraft (Klemmkraft) von 150 N empfohlen. Trennende Schutzeinrichtungen werden in der Regel für nicht erforderlich gehalten, wenn die maximale Kraft bewegter Maschinenteile ≤ 150 N und der Kontaktdruck <50 N/cm² betragen (zum Beispiel DIN EN 12203).
  • Für bewegte Teile in automatisierten Fertigungssystemen gibt DIN EN ISO 11161 Beispiele für eine – "sicher" reduzierte Geschwindigkeit bei gefahrbringenden Bewegungen z. B. von <10 mm/s bei Pressen, weniger als 250 mm/s bei Robotern, <250 mm/s bei allen Nicht scherenden Bewegungen und weniger als 33 mm/s bei Gefährdungen durch Scherbewegungen an. (Hinweis: Universalprüfmaschinen werden u. a. auch als Pressen genutzt)

Werkstoffprüfmaschinen – Sicherheitstechnische Festlegung gem. DIN 51233:2014-10

(Vereinfachte Kurzform, begrenzt auf statische Universalprüfmaschinen, Härteprüfmaschinen, Pendelschlagwerke)

Gefahrenquellen:

  • Probenbedingte Gefährdung: Das unterschiedliche Verhalten der Proben während der Prüfung und im Bruchfall ist zu beurteilen, insbesondere ob sie sich langsam plastisch verformen, gefährlich explosionsartig zerstört werden und/oder nach dem Bruch peitschenartig zurückschnellen (Kunststoffseile, Drahtseile usw.). Eine generelle Aussage über die Sicherheit einer Werkstoffprüfmaschine darf nicht getroffen werden - hier ist eine Einzelfallprüfung durchzuführen. Außerdem können Proben relativ schwer sein (Zugprüfmaschinen mit 600 / 1200 oder gar 2000 kN Kraft) und/oder nach der Prüfung bzw. nach dem Öffnen der Einspannvorrichtung herausfallen.
  • Funktionsbedingte Gefährdung durch Materialprüfsysteme:Durch hohe Krafteinleitung kann Energie in der belasteten Probe gespeichert werden. Ebenso kann Energie im Prüfrahmen oder in den Spannvorrichtungen gespeichert werden.
  • … oder durch schnelle Maschinenbewegungen: DIN 51233:2014-10: (Inhalt): „Für Werkstoffprüfsysteme, von denen eine Gefährdung ausgeht, sind NOT-HALT-Einrichtungen nach DIN EN 13850 vorzusehen.

„von denen eine Gefährdung ausgeht“?
Eine Not-Halt-Einrichtung dient dazu, in einer Gefahrensituation alle Maschinenbewegungen sofort zu stoppen. Bei statischen Universalprüfmaschinen sind schnelle Bewegungen in der Regel ausgeschlossen, da die maximale Geschwindigkeit auf unter <10mm/Sekunde begrenzt ist. Ebenso ist die Schließbewegung von fremdkraftbetätigtem Zubehör (hydraulische oder pneumatische Spannvorrichtungen) ebenfalls deutlich kleiner als <10mm/Sekunde. Obwohl GALDABINI Universalprüfmaschinen / INNOVATEST Härteprüfmaschinen mit einer Not-Aus-Einrichtung ausgestattet sind: Diese ist für diese Maschinen NICHT zwingend erforderlich. Ebenso ist ein Sicherheitsrelais NICHT zwingend erforderlich (und wird in der Regel auch nicht eingebaut - kann optional angeboten werden).

Das höchste Gefährdungspotential wird auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) u.a. für eine Stanze / Presse angenommen. Überträgt man dieses Gefährdungspotential auf scheinbar weniger gefährliche Einrichtungen (statische Universalprüfmaschinen, Härteprüfmaschinen), so kann als generelle Aussage getroffen werden: Eine gefahrlose Benutzung ist gegeben, wenn eine gefahrloseVerfahrgeschwindigkeit von < 10 mm/s eingehalten wird.

Werkstoffprüfmaschinen (Universal-, Zug-, Druck-, Biege-, Härteprüfmaschinen)
Die angegebenen Verfahrgeschwindigkeiten (<10mm/Sekunde) werden von den GALDABINI / INNOVATEST Prüfmaschinen nicht überschritten. Fast alle GALDABINI Universalprüfmaschinen haben eine maximale Geschwindigkeit von 500 mm/min (8,33 mm/s). (Ausnahme Q2,5 und Sondermaschinen mit höherer Geschwindigkeit). Die Sicherheitsanforderungen der DIN 51223 - 2014 werden voll erfüllt. Eine Gefährdung durch Bewegung kann somit ausgeschlossen werden.

Fazit:Bezüglich Quetschgefahr durch Maschinenbewegung sind KEINESicherheitseinrichtungen vorgeschrieben, weder eine elektrisch überwachte oder elektrisch verriegelte Schutzeinhausung, noch NOT-HALT-Einrichtungen (sind trotzdem eingebaut) oder sonstige Sicherheitseinrichtungen.

Eine Ausnahme bilden Pendelschlagwerke (eine Art Fallhammer) mit einer Fallgeschwindigkeit des Pendelhammers von 5,5 m/s (5.500 mm/s). Für diese Maschinen ist eine verriegelte Schutzeinhausung zwingend vorgeschrieben.

Für Universal-, Zug-, Druck, Biege-Prüfmaschinen ist eine Schutzeinhausung / verriegelte Schutzeinhausung vorgeschrieben wenn …

Werden mit diesen Prüfmaschinen Werkstoffe oder Baugruppen geprüft, die

  • peitschend reißen (Seile, insbesondere Kunststoffseile, Bänder:) Die Enden fliegen unkontrolliert umher und gefährden die Augen usw.)
  • spröde,splitternde Werkstoffe (Porzellan, Glas, Kohlefaserverbundwerkstoff, Hartmetall - Zug- oder Druckprüfung - Teile lösen sich und fliegen unkontrolliert umher - Gefährdung der Augen usw.) Kohlefaser-Verbundwerkstoffe neigen z. B. zu einer explosionsartiger Zerstörung. Einzelne Teile der Probe (Fasern) können mit hoher Geschwindigkeit + Energeie herausgeschleudert werden
  • Bersten (Druckkörper, gefüllte Druckkörper - Teile lösen sich und fliegen unkontrolliert umher - Gefährdung der Augen etc.)
  • Kettenprüfung (Kettenniet, Gliedbolzen, Glieder brechen, lösen sich und fliegen unkontrolliert umher - Gefährdung von Körper, Gesicht, Augen etc.)
  • Aufzählung nicht abschließend, bitte besprechen Sie Ihre Prüfaufgabe mit unserem Fachberater.

In diesen Fällen sind wir verpflichtet, eine Schutzeinrichtung anzubieten und zu liefern. Aber auch wenn keine Schutzeinhausung vorgeschrieben ist: Wenn Sie / Ihr Sicherheitsbeauftragter darauf bestehen, kann eine Schutzeinrichtung (Schutzeinhausung, verriegelte Schutzeinhausung, Lichtschranken, Zweihandsteuerung, Sicherheitsmodul etc.) optional gegen Aufpreis angeboten und geliefert werden. Bitte sprechen Sie hierzu unsere Fachberater an.

Stanzen / Pressen

Alle unsere Stanzen sind so konzipiert, dass eine Bewegungsgeschwindigkeit von <10mm/Sekunde nicht überschritten wird. Keine der durch unser Unternehmen je gelieferten Stanzen / Pressen überschreitet diese Bewegungsgeschwindigkeit. Daher ist eine Gefährdung bei vorgesehener Nutzung ausgeschlossen. Trotzdem sind unsere Stanzen mit einer 2-Hand-Bedienung ausgestattet.

 

Wir hoffen mit dieser Recherche geholfen zu haben und stehen für weitere Fragen gerne zu Verfügung. 

Mit freundlichen Grüßen

Wolfram Schütz